Wir sind als Familie ja ausgezogen auf der Suche nach neuen Abenteuern. Schneller wie erwartet, werden wir in Kanada mit der ersten richtigen Herausforderung konfrontiert: seit dem zweiten Tag nach dem Empfang unseres Wohnmobils macht unsere Heizung Probleme. Bis anhin hatte uns die Heizung zuhause selbst bei -20 Grad immer zuverlässig mit warmem Wasser und wohliger Wärme im Wohnmobil versorgt. Doch kaum in Kanada angekommen streikt diese nun!?!
In der Tat sind die Heizung und der Kühlschrank die Achillesfersen unseres Wohnmobils. Beide Produkte sind in Europa sehr verbreitet, doch für beide gibt es in ganz Nordamerika keine Servicestellen. Da wir uns dessen bewusst waren, liessen wir die beiden Geräte vor unserer Abreise extra in der Schweiz überprüfen. Dass einen Tag nach der Übernahme in Halifax nun Probleme bei der Heizung auftreten, ist schon ein fast unglaubliches Riesenpech!
So pendelte unser „Wohnmobilklima“ anfangs immer zwischen den Extremen. Entweder war’s ein paar Stunden schön warm resp. fast tropisch heiss drinnen (wenn die Heizung schon mal wieder lief, dann immer auf voller Kraft, um ein frühzeitiges Ausschalten zu verhindern) oder danach wieder ein paar Stunden kühl bis kalt (je nach Aussentemperatur). Je länger die Probleme dauerten, desto seltener liess sich die Heizung starten. Seit rund zwei Wochen lässt sich die Heizung gar nicht mehr starten. So verbrachten wir ganze Tage und Nächte im Wohnmobil ohne Heizung. Tagsüber ist dies in der Regel kein Problem, v.a. an sonnigen Tagen. Da nachts aktuell immer noch teilweise Temperaturen unter dem Gefrierpunkt herrschen, sind die Abende und Morgen dann doch eher ungemütlich. Erschwerend kommt noch hinzu, dass in Kanada der Frühling länger wie sonst auf sich warten lässt.
Zum Glück haben wir für uns alle noch warme Schlafsäcke dabei, sodass wir nachts trotz negativen Aussentemperaturen nicht frieren müssen. Doch Essen und Leben im Wohnmobil bei kühlen Temperaturen oder gar Stillen in der Nacht bei 8 Grad im Wohnmobil erschweren die Bedingungen schon stark. Die Umstände erinnern uns eher wieder an den Komfort beim Zelten, wie wir es von früher kennen.
Wir haben uns in der Zwischenzeit ein kleines Elektroöfeli gekauft. Wenn wir Glück haben, finden wir abends einen Campingplatzbesitzer, der sich nach gutem Zureden entschliesst, seinen eigentlich noch geschlossen Campingplatz extra für uns zu öffnen und irgendwoher Strom für unsere Elektroheizung zu organisieren. Ausserhalb der Touristensaison befinden sich die Campingplätze hier in Kanada richtiggehend in einem Winterschlaf. Die Versorgung mit Wasser und Strom und sogar die öffentlichen Telefonanschlüsse werden in dieser Zeit radikal abbestellt. An Aussagen wie „ihr seid die ersten dieses Jahr, die Saison hat noch gar nicht angefangen“ haben wir uns mittlerweile schon gewöhnt.
Doch eigentlich möchten wir ja unsere Heizung mitsamt dem Boiler wieder zum Laufen kriegen. Dazu haben wir mittlerweile schon einige Telefonate mit dem Hersteller der Heizung in Deutschland geführt. So haben wir am Telefon gemeinsam versucht, das Problem einzugrenzen. Von wenig ermunternden Worten wie „trauen Sie sich das wirklich zu“ bis zu „wir versuchen Sie so gut wie möglich zu unterstützen“ haben wir schon alles gehört. Schnell war klar, dass irgendetwas mit der Zündung nicht stimmt. Alles deutete auf einen Defekt des Zünders oder des Gasbrenners hin, was sich dadurch äussert, dass sich die Heizung nur selten – wenn überhaupt noch – starten lässt. So organisierten verdankenswerterweise unsere Eltern in der Schweiz den Versand dieser beiden Ersatzteile per UPS zu uns nach Kanada. In der Zwischenzeit suchten wir jemanden, der in der Lage war, uns vorort bei der Reparatur zu unterstützen. Für den Austausch der Brennereinheit muss die Heizung komplett ausgebaut werden. Dazu müssen auch sämtliche Anschlüsse für Gas, Kalt- und Warmwasser, Frischluftzufuhr, Kamin und Umluftrohre abgehängt werden. Da das Hantieren mit Propangas nicht gerade unser „Daily Business“ ist, wollten wir unbedingt jemanden zur Seite haben, welcher uns dabei mit Fachwissen unterstützen konnte. Zum Glück fanden wir auf Anhieb die einzige Person weit und breit, die in der Lage und bereit war, die Herausforderung gemeinsam mit uns in Angriff zu nehmen. Das Ausbauen der Heizung, der Austausch der Ersatzteile und der anschliessende Wiedereinbau hat schliesslich einen ganzen Nachmittag gedauert. Diese vier Stunden waren sehr spannend, haben aber auch ein paar Schweisstropfen und graue Haare gekostet. Wir waren am Ende des Tages heilfroh, als die Heizung wieder wie vorher montiert war und die Gaszufuhr wieder dicht war.
Um all dies, den Empfang der Teile und die Reparatur organisieren zu können, mussten wir notgedrungen unsere Reise für 10 Tage unterbrechen. Moncton in New Brunswick war für uns dazu der ideale Ort, da diese Stadt mit ihrer Grösse die notwendige Infrastruktur für so ein Vorhaben bot.
Doch leider hat sich die ganze Arbeit nicht gelohnt. Schnell war klar, dass die Probleme weiterhin bestanden. Nach weiteren Gesprächen mit dem Hersteller vermuten wir das Problem nun bei einem Defekt der Steuerungselektronik. So warten wir momentan auf ein weiteres Express-Paket aus der Schweiz, welches uns eine komplette neue Steuerung bringen soll. Wir hoffen sehr, dass sich mit dem Austausch der Steuerung die Probleme nun endlich beheben lassen und wir wieder den gewohnten Komfort an Wärme und heissem Wasser geniessen können. Da wir nach der erfolglosen Reparatur nicht noch länger in Moncton feststecken wollten, haben wir uns entschlossen, trotz anhaltender Probleme weiterzureisen.
Wie auch immer, die Probleme haben auch ihre guten Seiten. Zum einen haben wir die grosse und spontane Hilfsbereitschaft der Kanadier kennen und schätzen gelernt und zum anderen haben wir auch viel über die Funktionsweise einer flüssiggasbetriebenen Heizung gelernt. Näher kommt man als Tourist an das Leben im Gastgeberland wohl nicht ran, wie wenn man sich mit realen Problemen und deren Lösung auseinandersetzen muss.